Das älteste Buch Niederösterreichs aus Schrattenthal

Die wenigsten Menschen werden mit dem mittelalterlichen Buchtitel "Michael Franciscus de Furno ab Insulis: Quoddlibetica decisio perpuchra et devota de septem doloribus Christifere Virgins Mariae" in Bezug auf Niederösterreich etwas anzufangen wissen.




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Öffnungszeiten der öffentlichen Bücherei Schrattenthal

Jänner bis Dezember,
Dienstag: 17:00 – 19:00 Uhr
Donnerstag: 18:00 bis 20:00 Uhr

An Feiertagen bleibt die Bibliothek geschlossen

Hier können Sie uns finden:

Öffentliche Bücherei Schrattenthal
Obermarkersdorf 1 (Pfarrhaus)
2073 Schrattenthal
Österreich
e-mail: buecherei-schrattenthal@noebib.at

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Das älteste Buch Niederösterreichs aus Schrattenthal

Die wenigsten Menschen werden mit dem mittelalterlichen Buchtitel "Michael Franciscus de Furno ab Insulis: Quoddlibetica decisio perpuchra et devota de septem doloribus Christifere Virgins Mariae" in Bezug auf Niederösterreich etwas anzufangen wissen.

Und dennoch verbirgt sich hinter diesem Titel etwas ganz Besonderes:
Es ist nämlich das erste in Niederösterreich gedruckte Buch. Dieses beinhaltet 54 Blatt mit einem Titelholzschnitt, darstellend die Mutter Gottes mit sieben Schwertern im Herzen und einem weiteren Holzschnitt und einem weiteren Holzschnitt der Gottesmutter und der Heiligen Bernhard und Augustinus und einem Wappen des Auftraggebers dieses Buches.
Das Impressum auf dem letzten Blatt lautet: „Impressum Schratntal in Austria. Anno dnl M. quingentesimo primo. Vicesimo die mesis Marci“

 

Quelle: Zeitschrift Kulturberichte

Dieses Buch ist also am 20. März des Jahres 1501 in Schrattenthal gedruckt worden und gilt deshalb als kultur- und geistesgeschichtliches Spitzenwerk Niederösterreichs. Es existieren weltweit nur mehr sechs Exemplare, und zwar in Berlin, London, New York, Klosterneuburg und in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Diese bibliophile  Kostbarkeit konnte von der Niederösterreichischen Landesbibliothek von einem Wiener Antiquar erworben werden.

In der mehr als 250-jährigen Geschichte der NÖ Landesbibliothek – den Grundstock der Landesbibliothek bilden nämlich jene 123 Bände, die der Präses des Ritterstandes und Landuntermarschall Johann Joachim von Aichen zwischen 1721 und 1729 dem NÖ Ritterstand vermachte – gibt es wenig Erwerbungen, die als derart besondere Glücksfälle einzuordnen sind. Das älteste Buch Niederösterreichs war seit langer Zeit nicht mehr zum Kauf angeboten gewesen und dürfte auch so bald nicht wieder auf den Markt kommen. Die Bibliothekare der NÖ Landesbibliothek sind deshalb besonders stolz auf diese Neuerwerbung und glücklich über das Verständnis, dass sie bei den verantwortlichen Personen für die Bereitstellung der Mittel für den Ankauf vorgefunden haben.

Die NÖ Landesbibliothek besitzt überhaupt nur drei Bücher, die älter als diese Neuerwerbung und damit Inkunabeln sind, wobei natürlich das Alter eines Buches allein noch nichts über den Wert desselben aussagt. Die Schedel’sche Weltchronik, 1493 in Nürnberg gedruckt, ist eine der drei Inkunabeln der NÖ Landesbibliothek und eine der überragenden Kostbarkeiten der Bibliothek. Nur rund 50 Druckwerke der NÖ Landesbibliothek stammen aus dem 16. Jahrhundert.

 

Der  Schrattenthaler Druck aus dem Jahre 1501 ist zwar keine Inkunabel mehr, da die Inkunabelzeit (cuna = die Wiege; Wiegendruck deshalb, weil die Buchdruckerkunst damals noch in der Wiege lag) mit dem Jahr 1500 endet. Trotzdem ist er ein typischer Frühdruck der Form und dem Inhalt nach, wie er zu dieser Zeit im süddeutschen Raum üblich war. Drucke religiösen Inhalts waren die überwiegende Mehrheit im 15. und 16. Jahrhundert und von der Thematik her nichts Besonderes. Außergewöhnlich, auch für die damalige Zeit, war lediglich der Druckort Schrattenthal.

Schrattenthal ist nach Wien der zweitälteste Ort Österreichs, in dem Bücher gedruckt wurden, und das von der NÖ Landesbibliothek erworbene Buch der einzige bisher bekannt gewordene Druck der Schrattenthaler Presse. Bevor wir zu erläutern versuchen, wieso gerade in Schrattenthal zu diesem sehr frühen Zeitpunkt in der Geschichte des Buchdruckes eine Druckpresse stand, werfen wir einen kurzen Blick auf die Buchdruckgeschichte Wiens, wo der erste Druck vermutlich 1461 entstanden ist. Dabei handelt es sich um einen Almanach aus dem Jahr 1462, den der gebürtige Ingolstädter Ulrich Han in Wien hergestellt haben soll. Die eigentliche Druckgeschichte Wiens beginnt jedoch erst mit Johannes Winterburger, der aus Winterburg bei Kreuznach stammte und von 1492 bis zu seinem Tod im Jahr 1519 in Wien über 200 Drucke herstellte, darunter das bekannte Wiener „Heiltumsbuch“ (Heiligtumbuch). Winterburger hat seit 1501 wahrscheinlich auch alle österreichischen Landtagseinberufungen und seit etwa 1508 auch alle Steueranschläge für Österreich gedruckt. Weitere bekannte Wiener Drucker des 16. Jahrhunderts waren:

  • Hieronymus Vietor aus Liebenthal und
  • Johann Singriener aus Ötting in Bayern

Es sind also auch nur ganz wenige Wiener Drucke älter als unser Schrattenthaler Marienandachtsbuch. Die nächsten niederösterreichischen Orte mit Druckerpressen im 16. und 17. Jahrhundert waren:

  • Stein (1570)
  • Rosenburg (1571)
  • Wr. Neustadt (1582)
  • Klosterneuburg (1591)
  • Poysdorf (1618)
  • Pottendorf (1666)
  • Krems (1676)

 

 

Der Schlüssel zur Klärung der Zusammenhänge bildet das Wappen des Auftraggebers des Schrattenthaler Drucks auf einem der beiden Holzschnitte. Es ist das Wappen des freiherrlichen Geschlechts der Eyczinger, die in der Geschichte Niederösterreichs im 15. Jahrhundert eine bedeutende Rolle spielten. Der wohl bekannteste Eyczinger war Ulrich von Eyczing über dessen Charakter Aeneas Silvius einiges zu berichten wusste.